Orte: Laaben bei Neulengbach in Niederösterreich, Wien; Paris in Frankreich; Amsterdam in den Niederlanden; Philadelphia in den USA u.a. Quellentypen: Aufzeichnungen in Buchform: 11 Gästebücher; Korrespondenz (Korrespondenz politischen Inhalts, geschäftliche Korrespondenz): ca. 2.100 Schreiben; amtliche Dokumente (Statuten, Vereinsprotokolle, Jahresberichte, Kostenaufstellungen u.a.); Dokumente zu Berufslaufbahnen: Dienstzeugnisse; Dokumentationen von frauenbewegtem bzw. feministischem Engagement; ca. 140 Fotografien (tw. 6 Fotoalben); Weiteres: politische Broschüren, Zeitungsausschnitte, Bücher, Skripten, Vortragstexte, Gedenkschriften Zum Bestand: Verein Wiener Settlement
Schreiberinnen: verschiedene Schreiberinnen
Übergeberin: Fleur K.-D. (Vereinsleiterin), 2003
Der 1901 gegründete Verein Wiener Settlement unterhielt ein nach internationalem Vorbild gestaltetes Sozialprojekt. Durch mehrere Initiativen sollten Orte zur Verfügung gestellt werden, an denen sich Personen aus verschiedenen Schichten begegnen können. Die Initiatorinnen und Mitarbeiterinnen kamen durchwegs aus der bürgerlichen Frauenbewegung, aus unterschiedlichen politischen Richtungen und Religionen. Der Verein in Wien wurde 1938 vom NS-Regime aufgelöst, 1945 nahm er seine Arbeit wieder auf. Die letzte Einrichtung des Wiener Settlements wurde 2003 geschlossen.
Der überwiegende Teil der Dokumente im Nachlass des Vereins Wiener Settlement ist der Zeit zwischen 1945 bis 1985 zuzuordnen. Diese Dokumente wurden teilweise in verschiedenen beschrifteten Bündeln und Mappen abgelegt. In dieser Beschreibung wird der von den Akteurinnen des Vereins vorgenommenen Ordnung gefolgt.
Unter den einzelnen Dokumenten aus der Zeit vor 1945 befinden sich u.a. die Vereinsstatuten aus dem Jahr 1906, Jahresberichte aus 1934 und 1935 sowie verschiedene Unterlagen und Zeitungsauschnitte zu den einzelnen Tätigkeitsfeldern des Vereins (Mädchenherberge, Jugendgerichtshilfe u.a.) aus den 1930er-Jahren. Aus 1938 sind Dokumente und Dienstzeugnisse einzelner Mitarbeiterinnen und einige Protokolle von Besprechungen mit dem „Vertrauensmann der NSDAP“ erhalten. Zahlreiche Aktivistinnen des Wiener Settlments wurden in der Zeit des Holocaust verfolgt oder ermordet.
Die Fotografien von 1904 bis 1938 sind hauptsächlich Porträtbilder von Aktivistinnen wie Else F., Helene L. oder Maria L.. Von der „Internat. Settlement Konferenz 1926 Paris“ ist eine Gruppenaufnahme vorhanden. Zwei kleinformatige Fotoalben sind mit „Frohe Weihnachten“ betitelt (1926 und 1930) und enthalten Aufnahmen von Alltag in einem Kinderheim. Ein Album mit drei Gruppenbildern wurde laut handschriftlichem Vorwort von aus dem Heim „austretenden Kindern“ 1929 gestaltet.
Die Dokumente des Vereins aus der Nachkriegszeit umfassen v.a. Protokolle und Berichte, Dokumente zu den Tätigkeitsbereichen des Vereins, Korrespondenzen und Fotografien. Das früheste Dokument der Vereinsprotokolle und Sitzungsberichte von 1945 bis 1968 ist das Protokoll der konstituierenden Ausschuss-Sitzung vom 7. Juni 1945. Weitere frühe Dokumente wie die Materialien zur „International Council of Women – Triennial Post War Conference” in Philadelphia/USA vom September 1947, zur Generalversammlung der „International Federation of Settlements“ 1952 in Amsterdam oder Fotografien des Besuchs der US-amerikanischen Botschafterin Thompson im Wiener Settlement im Jänner 1953 belegen die internationalen Kontakte des Vereins.
Es folgen etwa 90 Vereinsprotokolle, daneben liegen 19 Kassaberichte aus den Jahren 1950 bis 1965 und weitere Dokumente aus der Vereinsbuchhaltung, etwa Aufstellungen über Subventionen, vor. Dokumentationen der Generalversammlungen des Vereins – Einladungen mit Tagesordnungspunkten, Wahlvorschläge, Versammlungsprotokolle und Vortragstexte – sind ab 1947 bis 1985 vorhanden. Während die Jahresberichte von 1946 bis 1981 teilweise in mehrfacher Ausfertigung vorliegen, fehlen einige Jahrgänge aus den späten 1970er-Jahren. Von 1950 sowie aus den 1970er- und frühen 1980er-Jahren wurden Tätigkeitsberichte sowohl des gesamten Vereins wie auch von einzelnen Arbeitsgruppen (z.B. des Kindergartens) übergeben.
Anhand der vielfältigen Dokumente aus der Nachkriegszeit lassen sich die einzelnen Tätigkeitsfelder des Vereins und deren zeitliche Veränderungen nachvollziehen. Aus den Jahren 1946 bis 1952 sind das u.a. Unterlagen zu etwa 120 Fällen von „Schutzaufsichten“ mit Verhandlungs- und Führungsberichten. Von 1952 bis 1966 sind Listen von Theateraufführungen für Kinder vorhanden, die im Settlement stattfanden. Dazu gibt es auch Einladungen, Texten von Theaterstücken wie „Die Bettlerhochzeit“, „Till Eulenspiegel“ oder „Schneewittchen“ sowie die Dokumentation „Das Theater am Samstag und seine Förderung“ (1968). Lied- und Gedichttexte zu Anlässen wie Weihnachten oder Muttertag sind (in mehrfachen Durchschlägen) ebenfalls Teil des Bestandes.
Die regelmäßigen Klubtreffen („Montagklub“, „Dienstagklub“ und „Mütterabend“) sind durch 9 Gästebücher mit Einträgen von 1951 bis 1984 dokumentiert, in die sich die Anwesenden unterschrieben haben und die auch Beschreibungen dieser Treffen enthalten. Der „Sonntagklub“ für PensionistInnen ist für 1971 bis 1980 durch ein weiteres Heft mit Anwesenheitslisten sowie Korrespondenzstücken dokumentiert. Ein weiteres Dokumentenkonvolut beinhaltet Vortragstexte und Skripten zu pädagogischen und sozialrechtlichen Themen.
Die nationale und internationale Korrespondenz des Vereins Wiener Settlement deckt den Zeitraum von 1948 bis 1985 ab. Sie ist in zwölf großen, mit Packpapier eingeschlagenen Bündeln und in fünf Mappen sortiert. Die einzelnen Schreiben wurden teilweise nummeriert aufbewahrt. Den Papierbündeln sind zudem nach Jahren geordnete Sammlungen von Kassaeingangsbestätigungen von 1950 bis 1961 beigelegt.
Die Korrespondenzen wurden u.a. mit verschiedenen Magistratsamtsstellen und Ministerien, Versicherungen, dem Gas- und Elektrizitätswerk oder der „Gesellschaft für Soziologische Studien und wirtschaftliche Verhältnisse“ geführt. Zahlreiche Schreiben betreffen die Finanzen des Vereins, Subventionen oder Spenden österreichischen Firmen und Geschäften, etwa auch in Form von Möbeln oder Baustoffen. Andererseits sind auch Bittbriefe an den Verein vorhanden. Einzelne Schreiben sind „Briefe ehemaliger Hortkinder“ oder Teile des Schriftverkehrs unter den Vereinsmitgliedern und zwischen dem Verein und verschiedenen Privatpersonen. KorrespondenzpartnerInnen sind weiters Zeitungsredaktionen und soziale Organisationen wie das „evangelische Hilfswerk“, die „Caritas“ oder „Österreichisches Komitee für Sozialarbeit“.
In einem der Papierbündel sind neben den verschiedenen Korrespondenzstücken ca. 30 Fotografien aus den 1950er-Jahren, u.a. von einer Heimeröffnung, und ein auf sechs Seiten beschriebenes „Gästebuch des Jugendheimes von 1931-37“ eingelegt.
Weitere, teilweise in Alben abgelegte Fotografien v.a. der 1950er-Jahre sind Porträtbilder einzelner Mitarbeiterinnen wie Else F., Helene L., Grete L., Marianne P., Frau S. und Maria L. und Aufnahmen verschiedener Vereinsaktivitäten, etwa von Faschings- oder Weihnachtsfeiern sowie von Kinder- und SeniorInnengruppen.
Für einzelne Aktivistinnen sind Gedenkschriften und Nachrufe vorhanden. Der Nachlass enthält zudem verschiedene Publikationen, Broschüren und Zeitungsausschnitte zur Geschichte des Vereins bzw. der Settlementbewegung, darunter teilweise auch englischsprachige Texte wie z.B. „The Settlement and its Pioneer Work in Bristol and Shirehampton“ (1946).
Die Übergabe des Vereinsnachlasses wurde von der Historikerin Elisabeth Malleier vermittelt, die mehrere wissenschaftliche Publikationen zu der Geschichte des Vereins Wiener Settlement erarbeitet hat. |