Archivgut Vorlass

Helma H. NL 113 I

Dezember 1909 bis Mai 1959

Weitere Informationen

Einrichtung: Sammlung Frauennachlässe | Wien
Jahr: Dezember 1909 bis Mai 1959
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
<p><b>Orte: </b>verschiedene Orte in Kärnten, Glasenbach in Salbzurg, Grän in Tirol, Bludenz, Bregenz, Dornbirn und Schruns in Vorarlberg; Orte an der Front/Kriegsschauplätze im 2. Weltkrieg: Elsenborn in Belgien, Aarhus in Dänemark, München und Stuttgart in Deutschland, Riga in Lettland, Kristiansand, Oslo und Stavanger in Norwegen, Baschko bei Krotoschin (Krotoszyn) in Posen (Poznan),; Bärzdorf (Bierzów) in Schlesien und Danzig (Gdansk; ) bei Skarbimierz in Polen, Cranz (Selenogradsk),; Königsberg (Kaliningrad) und Warnicken (Lesnoje) und in Russland u.a.; </p>
<p><b>Quellentypen: </b>Aufzeichnungen in Buchform: 3 Poesiealben und 3 Liedersammlungen; autobiografische Aufzeichnungen: 1 Brief (1,5 Seiten); Korrespondenz (Familienkorrespondenz, Paarkorrespondenz, Freundschaftskorrespondenz, amtliche Korrespondenz, Feldpost aus dem 2. Weltkrieg, Post aus Internierungslagern nach dem 2. Weltkrieg): 379 Schreiben; 4 amtliche Dokumente; Dokumente zur Berufslaufbahn: 1 Arbeitsbuch und 1 Kaumannsgehilfenbrief; 368 Fotografien (größtenteils in 2 Fotoalben); Weiteres: Rezept, Liedtext, Gedichte, Propagandabuch</p>
<p><b>Zum Bestand: </b>Schreiberin/Adressatin:

Helma H. (geb. S.); geb. 1925 in Dornbirn in Vorarlberg

Schreiber/Adressat:

Walter K
ölbl; geb. 1923 in Dornbirn in Vorarlberg, gest. 1945 in Bärzdorf (Bierzów) bei Breslau (Wroc
ław/Brassel) in Schlesien/Polen

Schreiber/Adressat:

Franz H.; 1919-1997, geb. und gest. in Schruns in Vorarlberg


Übergeberin: Helma H., 2009-2020



Helma H. (geb. S.) wuchs als Zweitälteste mit drei Brüdern und einer Schwester in Dornbirn in Vorarlberg auf. Ihre Mutter führte den Haushalt, ihr Vater war Direktor einer Textilfabrik. Aus ihrer Schulzeit ist ein Poesiealbum mit Einträgen von 1935 bis 1938 erhalten, als Jugendliche besuchte sie die Handelsschule und war Mitglied beim Bund deutscher Mädel (BDM).

1944 wurde Helma H. zum Reichsarbeitsdienst (RAD) eingezogen. Diesen absolvierte sie u.a. in Lagern in Grän in Tirol und in Baschko bei Krotoschin (Krotoszyn) in Posen (Pozna
ń) in Polen. Sie arbeitete dabei in einer Spinnerei und
war Lagerführerin. Über diese Zeit hat Helma H. ein Fotoalbum mit gemustertem Stoffeinband zusammengestellt, das 68 Bilder der jungen Frauen der Einheit in Uniform bei land- und hauswirtschaftlichen Arbeiten, beim Sport, „Appell“ und in der Freizeit beim Fahrradfahren und Picknicken enthält.

Ein einzelner Brief von Helma H. an ihre Eltern ist mit Juni 1944 datiert.

Der hauptsächliche Teil ihrer Korrespondenz aus dem Zweiten Weltkrieges ist der umfangreiche Briefwechsel mit ihrem Verlobten Walter K., den sie bereits seit früher Jugend an kannte. Walter K. absolvierte 1942 die „Kriegsmatura“, plante, Medizin zu studieren und wurde zum Militärdienst an die „Ostfront“ eingezogen. Von beiden ist je ein Porträt in Uniform aus 1943 vorhanden.

Ihr gemeinsamer Briefwechsel ist im Umfang von 251 Schreiben von Dezember 1941 bis Februar 1945 erhalten. Helma H. hat sie größtenteils in einer Ordnermappe sortierten aufbewahrt. 238 der Schreiben wurden von Walter K. an „Mein liebes Helmele!“, „Mein allerliebstes Mädel!“ oder „Mein geliebtes Bräutle“ adressiert und mit „Dein Walter“ unterschrieben. Von ihrer Seite sind nur jene insgesamt 16 Schreiben (von Helma H. und anderen Absenderinnen) erhalten, die nach seinem Tod im Februar 1945 als Soldat in Bärzdorf (Bierzów) in Schlesien/Polen als „unzustellbar“ an sie zurückgeschickt worden sind. Von 6 der Schreiben (Dezember 1944 bis Februar 1945) hat Helma H. zu einem späteren Zeitpunkt Kopien sowie handschriftliche und maschinenschriftliche Abschriften angefertigt. Aus März 1945 liegt die vom Truppenarzt unterschriebene Todesnachricht von Walter K. vor.

Über den Kontext stellte Helma H.s Tochter 2012 zudem ein Blatt mit „Fragen an Mama“ zusammen, die handschriftlich beantwortet wurden. An losen Dokumenten zum Zweiten Weltkrieg sind weiters u.a. das handschriftliche Rezept „Möhrenkuchen f. das Feldpostpäckchen“, das Propagandabuch „Briefe an eine Trauernde. Vom Sinn des Soldatentodes“ aus 1942 sowie drei kleinformatige Liedersammlungen und ein Gedicht erhalten geblieben.

In der Nachkriegszeit führte Helma H. einen ausführlichen Schriftverkehr zur Klärung der Todesumstände und der Grabstätte von Walter K.. Die vorliegenden Schreiben sind zwischen Juli 1952 und Oktober 1953 an verschiedene Institutionen und Personen gerichtet, u.a. an das Rote Kreuz, zwei Pfarrer und den ehemaligen Truppenarzt. Helma H. arbeitete inzwischen in der Fabrik, die ihr Vater leitete. Sie war hier sowohl im Bürobereich als auch im Labor tätig, Fortbildungskurse machte sie dazu u.a. in Deutschland.

Beim Schifahren in Schruns im Montafon lernte sie Franz H. (1919-1997) kennen. Seine Eltern Pauline H. (geb. T.) und Gottfried H. (1886-1939) führten hier die Filiale der Konsumgenossenschaft, er war das dritte von vier Geschwistern. Als Jugendlicher war Franz H. erst im Schwabenland arbeiten, bevor er eine Lehre beim Konsum antrat. 1939 wurde er in den Reichsarbeitsdienst (RAD) eingezogen, den er u.a. in Kärnten absolvierte, 1940 schloss er die Lehre zum Kaufmannsgehilfen ab. Seine berufliche Laufbahn dokumentieren ein „Arbeitsbuch“ aus 1938 mit Einträgen bis 1957 sowie je ein Kaufmannsgehilfenbuch und eine „Jahressportkarte“ der „Deutschen Arbeitsfront“ aus 1940. Ab 1941 war Franz H. als Soldat an verschiedenen Orten in Deutschland, Lettland, Russland und Norwegen stationiert, im Sommer 1944 wurde seine Kompanie zur „Waffen-SS“ überstellt.

Über die Jahre 1939 bis 1944 hat er ein Fotoalbum mit 276 beschrifteten Fotografien zusammengestellt. Die Abbildungen zeigen Franz H. im RAD-Lager und beim „Ernteeinsatz“ in Kärnten, als Soldat u.a. beim Schwimmen an Stränden in Russland und Norwegen oder bei der Ausbildung der „Waffen-SS“ in München, im Urlaub, beim Schifahren und Wandern. Als Einlagen sind u.a. ein Brief von Bruder Kurt H. (1921-1943) aus Juni 1942 und 37 lose, in einem Kuvert gesammelte Fotografien beigefügt. Weitere 22 Bilder von 1939 bis 1944 wurden auf einem Karton zusammengestellt. Die Motive sind neben einer Gruppenfotografie von der „Musterung“ 1939 Portraitfotografien von Franz H. in Uniform u.a. als Fotostrecke.

Von Franz H.s Korrespondenzen sind insgesamt 6 lose Schreiben erhalten. 3 sind Feldpostschreiben von verschiedenen Absendern aus 1942 und 1943. Schwager Fritz B. beschreibt in einem, Franz H.s Mutter bisher die Information über den Tod ihres Sohnes Kurt H. nicht mitgeteilt zu haben: „Ich hoffe, daß sie stark bleibt und keinen Nervenzusammenbruch bekommt. (…) Gerade jetzt, wo sie soviel Hoffnung nach der Führerrede hat, daß Kurtl nun endlich in Urlaub kommen kann.“ Die 3 anderen Briefe hat Franz H. an seine Mutter Pauline H. adressiert, eines zum Muttertag 1947 aus dem „Camp Marcus W Orr“ („Glasenbach“), wo er bis Mai 1947 interniert war. Aus 1956 ist eine Mitgliedskarte des Bundesverbandes der „Interessensgemeinschaft ehem. Kriegsgefangener“ erhalten.

Franz H. arbeitete jetzt als Bilanzbuchhalter beim Konsum, im Februar 1956 fand die Hochzeit statt. Die Familiengründung von Helma und Franz H. ist anhand einzelner Briefe pointiert dokumentiert: Im Oktober 1954 schrieb Franz H. an Helma H.s Mutter, um sich ihr näher vorzustellen. Im März 1955 schrieb er an „Meine liebe, kleine Braut! So darf ich Dich nun mit vollen Stolz und Berechtigung nennen“. Zur Hochzeit liegen drei Anzeigen und ein Glückwunschschreiben sowie ein Brief vor, den Helma H. nach der Feier an ihre Eltern geschrieben hat: „Als ich so im weißen Kleide zum letzenmal in meinem Zimmer stand, da wußte ich erst, daß es nun diesmal voller Ernst ist“. Im Juni 1956 verkündete sie der Mutter brieflich ihre Schwangerschaft, aus 1957 ist schließlich eine Postkarte erhalten, die die Wöchnerin nach der Geburt ihrer Tochter Barbara aus dem Krankenhaus als „reichste Frau“ an ihren Ehemann geschrieben hat. 1959 wurden die zweite Tochter Irmtraud geboren. Ihre große Schwester wurde derweil von der Großmutter betreut, mit der Franz H. wiederum brieflich u.a. Fragen zur Taufe und einem Geschenk für die Hebamme besprach. Die Familie lebte weiterhin in Schruns, wo auch ein Haus gebaut wurde, in dem Helma H. dann Gästezimmer vermietet hat. Die Töchter ergriffen nach dem Gymnasium beide medizinische Berufe.

In einem Brief (1,5 Seiten) an die Sammlung Frauennachlässe hat Helma H. 2009 kurzen autobiografischen Angaben zusammengefasst. Zudem hat sie auch die Poesiealben von zwei ihrer Tanten übergeben: Die Einträge in Katharina R.s Album wurden zwischen 1909 und 1911 verfasst, jene in Anna S.sAlbum von 1911 bis 1912. Sie wurden größtenteils in Dornbirn in Vorarlberg geschrieben und sind teilweise aufwendig mit Klebebildern gestaltet.</p>
Anmerkung:
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