Hochschulschrift

Topologien der Geschlechter : Die Revision traditioneller Raumordnungen im Postfranquismus am Beispiel von Esther Tusquets, Carme Riera und Clara Janés

Verfasst von: Machein, Silvia
2009

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Einrichtung: GenderOpen
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Verfasst von: Machein, Silvia
Jahr: 2009
Sprache: Deutsch
Beschreibung:
Die vorliegende Arbeit untersucht anhand von ausgewählten Romanen dreier zeitgenössischer spanischer Autorinnen – Esther Tusquets, Carme Riera und Clara Janés – exemplarisch, wie sich die soziokulturelle Raumordnung nach dem Ende der Franco-Diktatur in Spanien verändert hat und wie dies literarisch gestaltet wird. Zentrales Erkenntnisinteresse der Arbeit ist es, den Zusammenhang von Raumkonzeptionen und Weiblichkeitsdiskursen möglichst umfassend zu beleuchten; analysiert werden die Geschlechterrepräsentation im Raum und die geschlechts-spezifische Codierung von Räumen. Dabei werden zum einen traditionelle Paradigmen beschrieben, auf die die Romane teils Bezug nehmen, zum anderen stellt sich die Frage, welche Alternativen zur Verortung weiblicher Subjektivität und welche alternativen Raumordnungen der Geschlechter möglich sind. Hierfür werden verschiedene topologische Ansätze aus Literatur- und Kulturwissenschaft herangezogen. Wenn Raum nicht unabhängig vom wahrnehmenden Subjekt zu denken ist, wie die neuere kulturwissenschaftliche Theoriebildung veranschaulicht, dann stellt sich auch die Frage, wie das Paradigma weibliche/männliche Identität die Raumper-zeption und -konstruktion bestimmt. Für die Textanalyse relevante Aspekte sind etwa die Auswahl und Verknüpfung, die sensuelle Wahrnehmung und die sprachliche Ausgestaltung der Räume, die Positionierung und Interaktion der Figuren sowie Standort und Raumbezug der Erzählinstanz, gerade auch in ihrem strukturellen Zusammenhang mit anderen narrativen Elementen wie Figuren, Handlung und Zeit. Metafiktionale Raumfiguren fügen der Raumordnung der Texte eine weitere Bedeutungsebene hinzu. Die Arbeit ist folgendermaßen aufgebaut: Auf Einleitung, Forschungsbericht und ein methodologisches Kapitel folgt zunächst eine Überblicksdarstellung zu sozialen, kultur- und literaturgeschichtlichen Aspekten des Raumes, welche abschließend zu einer theoretischen Betrachtung der Analogisierung von Weiblichkeit und Raum zusammengeführt werden. Die hier diskutierten Figurationen des Weiblichen sollen die Komplexität des Zusammenhangs von Raum- und Geschlechterordnung aufzeigen und als Folie für die nachfolgenden Textanalysen dienen. Den Analysen der drei ausgewählten Romane vorgeschaltet ist ein Kapitel, in dem die Raumstrukturen in repräsentativen Texten von Autorinnen seit dem Bürgerkrieg (Laforet, Gaite, Rodoreda, Roig) zusammenfassend dargestellt werden. Die Vorstellung dieser Prätexte erlaubt es, die nachfolgend untersuchten Romane literaturgeschichtlich einzuordnen und Bezüge herzustellen. Für ein close reading wurden drei Romane von Autorinnen aus dem katalanischsprachigen Raum ausgewählt: Esther Tusquets, El mismo mar de todos los veranos (1978), Carme Riera, Una primavera per a Domenico Guarini (1981), Clara Janés, El hombre de Adén (1991). Alle drei Autorinnen haben sich an anderer Stelle zur Gender-Thematik geäußert, und das Thema weibliche Identität stellt einen roten Faden in ihrer Prosa dar. Das Korpus erlaubt einen Längsschnitt von der transición bis Anfang der neunziger Jahre, ein Zeitraum, in dem sich in Spanien tiefgreifende gesellschaftliche Veränderungen vollzogen haben, die gerade auch Frauen neue mentale und soziale Räume eröffnet haben. Für die Textanalysen werden idealtypisch drei Raumebenen unterschieden, die eng miteinander verknüpft sind: a) physische, lebensweltlich inspirierte Räume, die der Erzählung ihren äußeren Rahmen geben und als Handlungsräume bzw. erlebte Räume fungieren und teils symbolisch-metaphorischen Charakter haben; b) innere bzw. imaginäre Räume, die nur im Bewusstsein der Figur qua Imagination, als Erinnerungen oder Phantasien existieren; c) die metafiktionale Dimension des Textraums, die den Text selbst als bedeutungstragenden Raum anspricht, der narrative Funktion hat. Aufbauend auf einer Inventarisierung der verschiedenen Räume und raumbildenden Elemente in den untersuchten Romanen wird das Verhältnis von kulturell codiertem Handlungsraum, subjektiver Raumaneignung der Figuren und diskursiven Strategien des Textraums dargestellt und in Bezug zur Gender-Repräsentation gesetzt. Die Zusammenschau von Texten aus franquistischer Zeit mit den drei ausführlicher vorgestellten Romanen der siebziger bis neunziger Jahre zeigt, mit welchen literarischen Mitteln traditionelle Raumparadigmen des Geschlechterdiskurses subversiv entwertet und durch Umkodierung mit alternativen Bedeutungen aufgeladen werden bzw. wie versuchsweise neue Raumordnungen mit utopischem Charakter entworfen werden. So erschließen sich neue Gesichtspunkte nicht nur für die einzelnen Romane, sondern die aufgezeigten Querverbindungen erlauben Einblicke in spezifisch weibliche Traditionslinien innerhalb der spanischen Literaturgeschichte.
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Ein Repositorium für die Geschlechterforschung.
Eine Kooperation des Margherita-von-Brentano-Zentrum an der Freien Universität Berlin, dem Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität und zu Berlin und dem Zentrum für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschungan der Technischen Universität Berlin