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Dossier : Abtreibung ; fällt das Recht auf Abtreibung unter dem Druck der Kirchen?

Verfasst von: EMMA
in: EMMA
2006 , Heft: 6 , 82-83 S.

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Einrichtung: FrauenMediaTurm | Köln
Signatur: Z-Ü107:2006-6-a
Formatangabe: Dossier; Einführung
Link: Volltext
Verfasst von: EMMA
In: EMMA
Jahr: 2006
Heft: 6
Beschreibung: Ill.
ISSN: 0721-9741
Sprache: Nicht einzuordnen
Beschreibung:
Fällt das Recht auf Abtreibung unter dem Druck der Kirchen?

Am 19. September dieses Jahres berieten die Fraktionschefs von SPD und CDU/CSU über eine gesetzliche Verschärfung der so genannten "Spätabtreibungen". Solche Abtreibungen nach dem dritten Monat erlaubt der geltende § 218 bei "Gefahr für das Leben" oder bei der "Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren". Spätabtreibungen gab es in Deutschland 2005 genau 171, davon wären 80 Prozent der Föten außerhalb des Körpers der Mutter nie lebensfähig gewesen.

Und mit wem berieten die Fraktionschefs der Koalition über die Verschärfung des §218 wegen dieser etwa 34 Abtreibungen im Jahr? Mit den betroffenen Frauen? Nein, mit den Spitzen der katholischen und der evangelischen Kirche, den Bischöfen Lehmann und Huber! Denn die Kirchen waren und sind die Dialogpartner Nr. 1 der gewählten Politiker in Deutschland, wenn es um die selbstbestimmte Mutterschaft von Millionen von Frauen geht.

In Amerika stehen christliche Fundamentalisten kurz davor, das Recht auf Abtreibung in den ersten sechs Monaten nach 33 Jahren wieder zu kippen, erste Etappe: die Einschränkung der Spätabtreibungen. Und in Deutschland ist die nicht enden wollende und nach 31 Jahren Liberalität wieder anschwellende Debatte um die statistisch irrelevante Spätabtreibung nichts anderes als der Einstieg zur Infragestellung des gesamten Abtreibungsrechts.

Die Zeichen mehren sich: Bundesländer planen die Kürzung der Kostenübernahme für den Schwangerschaftsabbruch. Ein Pharmakonzern nimmt eines der für den schonenden medikamentösen Abbruch (bis zur 7. Woche) notwendigen Mittel vom Markt. Die .Pille danach' (bis zum 3. Tag) wird den bedürftigen Frauen regelmäßig verweigert. Und einer ungewollt Schwangeren mit zwei Kindern, die kein drittes möchte, wird 2006 in einem deutschen Krankenhaus auch schon mal vorgehalten -. "Deutschland hat zu wenig Kinder - und Sie wollen abtreiben?" In Deutschland gibt es bis heute kein "Recht" auf Abtreibung, sondern nur die Gnade des Beratungsscheins. Die ist bisher relativ liberal gehandelt worden. So trieben im Jahr 2005 genau 124.023 ungewollt Schwangere legal ab - und das ohne Demütigung oder Lebensgefahr. Das kann sich wieder ändern - wie die Erfahrungen von Österreich über Polen bis Mississippi und El Salvador zeigen. Christlichen "Lebensschützern" und dem Opus Dei sei Dank! (Abbildung rechts: eine Inszenierung der Künstlerin Birgit Brenner.) Kippt Amerika das Abtreibungsrecht?

Am 8. November wird eine historische Entscheidung fallen: Schaffen es die Lebensschützer nach 33 Jahren das Recht auf Abtreibung zu erschüttern? Erster Schritt: Das Verbot der Spätabtreibung. In Mississippi musst du dir deinen Helden selbst aussuchen. Vielleicht ist es Joseph Booker? Der letzte Arzt im gesamten Bundesstaat, der noch bereit ist, in der verbleibenden Klinik Abtreibungen vorzunehmen. Oder Roy McMillan? Hauptberuflich und mit vollem Engagement Aktivist der ,Pro-Life'-Vereinigung? Wegen Todesdrohungen ist Dr. Booker seit 18 Monaten auf Polizeischutz angewiesen und gezwungen, eine kugelsichere Weste und Helm zu tragen. Er riskiert, täglich seine Arztzulassung zu verlieren, da er sich weigert, die im Bundesgesetz vorgeschriebene Warnung an Patientinnen auszusprechen, dass eine Abtreibung zu Brustkrebs führen könnte. Er sagt, das sei eine Lüge. Währenddessen steht Roy McMillan Tag für Tag in jeder Witterung vor eben dieser Abtreibungsklinik in Jackson, der Hauptstadt von Mississippi, und versucht, die Leben der 4.000 ungeborenen Babys zu retten, die, wie er sagt, dort jedes Jahr brutal getötet werden.

Laut Terri Herring, der Präsidentin von, Pro-Life Mississippi', ist Dr. Booker "ein Mörder, der seinen Lebensunterhalt mit dem Vergießen unschuldigen Blutes verdient". Während Betty Thompson, die Hauptbefürworterin der Klinik, sagt, er sei "außergewöhnlich couragiert - es gibt nur sehr, sehr wenige Ärzte, die bereit sind, ihre Meinung so klar zu äußern, und deswegen ist er unglaublich mutig".

Roy McMillan andererseits ist möglicherweise ein "gefährlicher Extremist", jedenfalls wenn man Michelle Colon von der National Organisation of Women Glauben schenken möchte, vielleicht aber auch nicht. Er war mit Paul Hill befreundet, dem ,Pro-Life'-Aktivisten, der 2003 in Florida für den Mord an einem Abtreibungsarzt hingerichtet wurde. Laut Terri Herring allerdings leistet Roy "wirklich unschätzbare Arbeit, indem er verwirrten und verzweifelten jungen Frauen Hilfe und Beratung anbietet".

Joseph? Oder Roy? Einer der beiden muss es sein. Denn in dieser Situation gibt es keine dritte Alternative, keine Kompromisse. Wenn es in Amerika um die Abtreibungsdebatte geht, gibt es keinen Mittelweg. Da gibt es noch nicht einmal eine gemeinsame Sprache. Sind Joseph Bookers "Föten" dasselbe wie Terri Herrings "winzig-klitzekleine Babys"? Und wie verhält sich Michelle Colons "Recht auf eigene Entscheidung" zu Roy McMillans "schwarzem Genozid"?

Es wäre untertrieben, die amerikanische Abtreibungsdebatte als gefühlsgeladen' zu beschreiben. Sie ist so viel mehr: ein politischer Prüfstein, ein Entscheidungsfaktor für Wahlen, ein Thema, das das Land in zwei Hälften teilt. Das naheliegendste europäische Äquivalent wäre die Summe von Robbenjagd, Irak-Krieg, dem Gesundheitswesen und dem Strafmaß für Pädophilie. Und das würde dem Ganzen wahrscheinlich noch nicht gerecht werden.

Letzte Woche waren im Parlamentsgebäude von Mississippi das Klappern von Absätzen und vornehme Südstaatenakzente zu hören - mit einem leichten, aber durchaus hörbaren Unterton kaum versteckter Boshaftigkeit. Denn letzte Woche versuchte Mississippi, der zweite Bundesstaat Amerikas mit einem strikten Abtreibungsverbot zu werden. Der Gesetzesantrag folgte auf den Fersen von South Dakota, dem Bundesstaat, der im März das inoffizielle Rennen um das Abtreibungsverbot gewann. In South Dakota wurde ein Gesetz verabschiedet, das Abtreibung unter jedweden Umständen kriminalisiert - selbst in Fällen von Vergewaltigung und Inzest - es sei denn, es kann bewiesen werden, dass die Frau in Lebensgefahr schwebt.

Theoretisch ist Abtreibung in den USA bis zum sechsten Monat erlaubt. Doch am 8. November 2006 beginnen im Supreme Court in Washington die Verhandlungen zum Federal Abortion Ban: dem Verbot der Spätabtreibungen nach dem dritten Monat. Sollte das Bundesgericht pro entscheiden, fällt in allen 50 Bundesstaaten ein Teil des Abtreibungsrechts - und gerät damit das 1973 erkämpfte Recht auf Abtreibung ins Wanken. Die, Pro-Life'-Bewegung triumphiert schon jetzt. Sie hofft auf eine Präzedenz-Entscheidung, die das berühmteste Urteil der Welt umdrehen könnte: Das wäre das Ende der Entscheidung "Roe gegen Wade".

Jane Roe war das Pseudonym einer Frau,

die - mit der Unterstützung der Frauenbewegung - versucht hatte, in Texas eine Abtreibung durchzusetzen. Sie strengte einen Prozess gegen den Bundesstaatsanwalt, Henry Wade, an. Sie gewann, und mit diesem Federstreich wandelte sich 1973 das Thema Abtreibung von einer Angelegenheit, die jeder Bundesstaat nach seinen eigenen Gesetzen regelte, zu einem in der Verfassung verankerten Recht aller amerikanischen Frauen.

Die Entwicklung in South Dakota - und in Mississippi und neun weiteren Bundesstaaten, die alle Abtreibungsverbote auf dem Tisch haben - zeigt nun, dass das erste Mal in dieser Generation wieder die Möglichkeit besteht, dass ein ähnlicher Federstreich - und' zwar von einem Gerichtshof, für den George Bush gerade zwei neue konservative Richter nominiert hat - alles wieder umkehren könnte.

Eins der Fotos der, Pro-Life'-Belage-rung (es ist zu schrecklich, um es hier abzudrucken) zeigt EC Smith, einen schwarzen Pfarrer, mit einem riesigen Plakat. Es ist zirka anderthalb Meter hoch und zeigt den blutverschmierten Kopf eines Babys gehalten von einer Zange. Es hat keinen Körper und nur einen halben Kiefer. Darüber steht: "Name: Keiner, Alter: 3. Trimester, Geschlecht: weiblich, Datum: August 1987, Ort: Houston, Texas/USA, Betäubung: keine." Der Babykopf auf dem Bild ist ungefähr fünfmal so groß wie der des Pfarrers.

Dieses Plakat soll "zugunsten" von Frauen sein, die sich für eine Abtreibung entschieden haben. Auf ihrem Weg in die Klinik von Jackson müssen sie an EC Smith und seinem Bild vorbei. Die meisten von ihnen sind jung, schwarz und arm. "Frauen aus der Mittelschicht weichen auf andere Bundesstaaten aus", erzählt mir Ava Barrett, ein Mitglied von Jacksons neu gegründeter, Pro-Choice'-Koalition. "Dorthin, wo es eben keine Protestierenden gibt. Hier in Mississippi besteht das Risiko, dass sie sich deine Autonummer notieren und deine Familie informieren. Nur die einkommensschwachen Frauen gehen in die Klinik in Jackson - und das sind genau die, die ein Abtreibungsverbot am härtesten treffen würde."

Im tiefen Süden sind "einkommensschwache Frauen" gleichbedeutend mit "schwarze Frauen". Und schenkt man den, Pro-Life'-Aktivisten Glauben, kommt das Recht auf Abtreibung einem "schwarzen Genozid" gleich. Mississippi ist zu 37 Prozent schwarz, aber von den Frauen, die sich hier für eine Abtreibung entscheiden, sind 73 Prozent Afroamerikanerinnen. "Es macht mich wütend und ich sehe es als eine Beleidigung an, dass sie versuchen, die Hautfarbe als Teil der Debatte einzusetzen", sagt Dr. Booker. "Das ist umgekehrter Rassismus. Die setzen Hautfarbe als Druckmittel ein, obwohl sie mit ihren Forderungen das Leben von Schwarzen schwerer machen." Dr. Booker ist selbst Afroamerikaner. Er kam in den Achtzigern aus Kalifornien nach Mississippi und muss seitdem zusehen, wie der Staat es nach und nach schwerer für ihn macht, seinen Beruf auszuüben. Er ist der einzige Arzt der Klinik, der auch vor Ort wohnt. Alle anderen fliegen für den Tag aus North Carolina, Georgia oder Tennessee ein. Er ist der Einzige, der bereit ist, genannt zu werden. Jeden Morgen begleitet ihn ein bewaffneter Wachmann von seinem Auto in die Klinik. In weniger als zehn Jahren hat er miterlebt, wie die Zahl der Abtreibungskliniken von sechs auf eine geschrumpft ist.

"Es macht mich wütend. Aber es bringt mich auch dazu, zu kämpfen. Denn die Frauen brauchen diese Versorgung. Wenn man, wie ich, schon mal gesehen hat, wie eine Frau wegen einer illegalen Abtreibung verblutet, dann wird dich dieses Bild nie wieder in Ruhe lassen."

Katherine Grainger ist Rechtsberaterin des Center for Reproductive Rights, einer nationalen NRO. Sie bezeichnet Mississippi und South Dakota als "Versuchslabore für falsche Gesetze". Hier werden neue Restriktionen erdacht, die dann wie Viren auf andere Bundesstaaten übergreifen.

In beiden Staaten gibt es jeweils nur eine Abtreibungsklinik. Beide Staaten zwingen Frauen eine 24-Stunden-Warte-zeit auf - ein großes Problem für die, die bis zu fünf Stunden Fahrzeit zur Klinik in Kauf nehmen müssen, oder noch nicht einmal über ein Auto verfügen, um die Entfernung zweimal zu bewältigen, und dann auch noch zwei Tage Urlaub nehmen müssen. In beiden Staaten dürfen Abtreibungen nicht öffentlich bezuschusst werden, was heißt, dass Medicaid (Anm.d. Red.: eine Grundgesundheitsversorgung für Einkommensschwache) nicht greifen kann. Eine Minderjährige braucht das Einverständnis beider Eltern, auch wenn diese geschieden oder entfremdet sind, und auch selbst dann, wenn sie ihren Vater noch nie gesehen hat.

Betty Thompson, ehemalige Leiterin der Jackson Klinik, erklärt, dass der einzige Ausweg in so einer Situation eine gerichtliche Freistellung sei. "Aber dazu braucht man ganz schön viel Mut, und wenn man in einer kleinen Stadt wohnt, dann wird es vor dem örtlichen Richter verhandelt, und es gibt keine Anonymität."

Casey ist 15 Jahre alt und eigentlich heißt

sie gar nicht Casey. Sie kommt mir nicht sehr mutig vor. Sie ist verängstigt und verwirrt, aber wenigstens ist sie mit ihren Eltern hier, denen sie" am Tag zuvor ihre Schwangerschaft gebeichtet hatte. Die drei scheinen abwechselnd besorgt und erleichtert. "Es war beängstigend, hierher zu kommen", sagt Judy, Caseys Mutter. "Aber dann haben wir die Protestierenden einfach ignoriert und sind durchgelaufen. Es war eine sehr, sehr schwere Entscheidung. Aber es ist unser Recht, diese Entscheidung zu treffen und nicht das von denen da. Es wäre verheerend für sie, jetzt ein Baby zu haben. Sie ist einfach zu jung." An Caseys Schule - und allen anderen in Mississippi - gibt es keinen Sexualkundeunterricht. "Hin und wieder erzählen sie uns was von Enthaltsamkeit", sagt sie. "Aber das ist alles." Der Bundesstaat Mississippi hat die dritthöchste Rate von Teenagerschwangerschaften im Land, eine der höchsten Raten von Säuglingssterblichkeit. 24 Prozent aller Kinder leben unterhalb der Armutsgrenze.

"Glauben Sie nicht, dass es einen Zusammenhang zwischen der Teenagerschwangerschaftsrate und dem nicht existierenden Aufklärungsunterricht gibt?", frage ich Terri Herring von, Pro-Life Mississippi'. "Nein", sagt sie, "das glaube ich nicht. Man muss den Kids nichts über Promiskuität erzählen, die kennen sich mit Sex schon aus. Meiner Meinung nach brauchen sie keine Geburtenkontrolle, sie brauchen Selbstkontrolle." Ich sitze mit ihr in ihrem Büro, einem sehr kleinen Raum, und fange an, mich klaustrophobisch zu fühlen. Ich mochte Terri. Ich hatte vor meinem Besuch mit ihr telefoniert. Sie hatte mir ein paar Tipps gegeben, wo ich übernachten könnte und mit wem ich sprechen sollte. Und sie tritt unglaublich engagiert und leidenschaftlich für ihre Sache ein.

Um das Gleichgewicht zu wahren, hatte ich ganz bewusst nach gemäßigten, Pro-Life'-Befürwortern gesucht. Die netten, ganz normalen, anständigen Leute, die eben zufällig der Meinung sind, dass Abtreibung falsch ist. Ich wollte mich nicht mit den Verrückten abgeben. Terri, eine Frau in den Vierzigern mit ihrer net- cen Art und ihrer sanften Stimme, schien mir eine gute Wahl. Aber die Gleichung geht nicht auf. Sobald sich die Bürotür hinter mir geschlossen hat, verfällt sie in einen Monolog, in dem sie unter anderem die Jackson-Abtreibungsklinik mit Auschwitz vergleicht. Ich nicke, stelle ein paar Fragen und beginne, mich unauffällig durch den Stapel von Broschüren zu arbeiten, den sie mir gegeben hat.

Sie sind für Frauen auf dem Weg in die Klinik bestimmt. Noch mehr Fotos. Ein Haufen abgetriebener Föten in einem Mülleimer. Eine Ansammlung von Körperteilen in Miniaturausführung. Außerdem eine Reihe medizinischer Informationen: dass Abtreibung zu Unfruchtbarkeit führt; dass man dabei Aids bekommen kann; dass nach einer Abtreibung das Risiko einer Fehlgeburt während einer späteren Schwangerschaft eins zu vier steht. Und dass die "afroamerikanische Bevölkerung im Visier ist", obwohl nicht klar wird, in wessen.

"Bis heute können wir uns kaum vorstellen, dass Hitler sechs Millionen Juden ermordet hat", sagt Terri mit immer lauter werdender Stimme). Aber wir akzeptieren es als Fakt, weil wir die Bilder gesehen haben. Darum zeigen wir diese Fotos. Denn sie sind der Beweis, dass hier Verbrechen begangen werden."

Jeder hat das Recht, seine eigene private, moralische Entscheidung zum Thema Abtreibung zu treffen. Ich respektiere Terris Haltung, dass Abtreibung falsch ist. Und vielleicht hat sie sogar recht, vielleicht sollten wir verpflichtet werden, uns diese Bilder anzuschauen. Aber der Holocaust-Vergleich lässt mich zusammenzucken. Und die Broschüren sind gespickt mit unverhohlenen Lügen.

Die American Cancer Society' hat jegliche Verbindung zwischen Abtreibung und Brustkrebs widerlegt. Der Aids-"Zusammenhang" basiert auf Zitaten, wie: "Unsere Fließband-Abtreibungskliniken verbreiten Aids wahrscheinlich wie ein Lauffeuer. Es heißt, dass diese Kliniken chirurgische Techniken von der übelsten Sorte anwenden." (Denton V. Marshner, Arzt, vom .Institut für ansteckende Krankheiten'). Als Terri dann auch noch in Tränen ausbricht, während sie mir von den klitzekleinen winzigen Babys erzählt, denke ich, dass sie den Bogen jetzt eindeutig überspannt.

Das ist nicht das einzige, was mir suspekt vorkommt. Es ist durchaus möglich, dass ein Gesetzentwurf, der seinen Ursprung in einem dieser Staaten hat, ,Roe gegen Wade' vor dem obersten Gerichtshof anfechten wird. Es waren George Bushs zwei konservative Ernennungen, die die Legislative Amerikas "neu belebt" haben, so Katherine Grainger vom ,Center for Reproductive Rights'. Sie kennt alle Statistiken auswendig: 2005 wurden zirka 80 Gesetzesentwürfe zur Einschränkung der Abtreibungsrechte vorgelegt; 44 Bundesstaaten haben solche Einschränkungen bereits verabschiedet; sollte ,Roe gegen Wade' morgen umgekehrt werden, würden Abtreibungen in mindestens 21 dieser Bundesstaaten illegal werden. Sie spuckt die Zahlen nur so aus und erst als ich sie frage, ob es wirklich realistisch ist, dass ,Roe gegen Wade' umgekehrt werden könnte, zögert sie. "Das ist etwas, worüber wir nicht gerne nachdenken", sagt sie. "Dennoch: Ja, es ist möglich. Wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, dass, wenn morgen einer der Richter stirbt und ein anderer ernannt wird, das dann tatsächlich den Ausschlag geben könnte."

Es scheint unglaublich, dass das reichste und mächtigste Land der Welt ein Gesetz erlassen könnte, das die Fortpflanzungsrechte seiner Frauen gleichstellen würde mit denen in Bangladesh, Nigeria und Haiti. Aber 33 Jahre sind ja nur ein Wimpernschlag.

An meinem letzten Tag treffe ich vor der Jackson-Klinik eine Aktivistin, die 1968 eine illegale Abtreibung in Mississippi hatte. Sie ist noch gar nicht so alt. Es ist noch gar nicht so lange her. In Mississippi musst du dir deinen Helden selbst aussuchen. Sie kämpft jetzt für ,Pro-Life'. Und ich? M Ich entscheide mich für Dr. Booker. 63
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