Orte: Retz in Niederösterreich, Wien Quellentypen: Tagebuch (Müttertagebuch, Theatertagebuch/Theaterbuch, während dem 2. Weltkrieg geführtes Tagebuch): 2 Bände (tw. in Kopie); Dokumente zur Universitätslaufbahn: Mitschriften von theaterwissenschaftlichen Vorlesungen/Lektürenotizen; Weiteres: Programmhefte und Zeitungsausschnitte; Zum Bestand: Schreiberin: Christine M. (geb. S.); geb. 1902 in Retz in Niederösterreich, gest. 1997 in Wien
Übergeber: Michael M. (Sohn von Christine M.), 2000 und 2014
Christine M. (geb. S.) war in Retz in Niederösterreich aufgewachsen. Sie war Lehrerin und mit einem Juristen verheiratet. Bis zur Geburt ihres dritten Kindes war sie berufstätig. Die Familie lebte in Wien, ab 1939 bei Christine M.s Eltern in Retz, wo ihr Vater als Arzt die erste lokale Mütterberatungsstelle gegründet hatte.
Das von Christine M. vorliegende Müttertagebuch (151 Seiten in Kopie) hat sie von Juni 1937 bis Juli 1941 für ihren jüngsten Sohn Michael angefertigt. Der hier eingetragenen Widmung zufolge war es ihre Schreibintention, „die Ereignisse aus Michels und seiner Geschwister Sicht niederzuschreiben“. Neben dem vorliegenden Buch führte Christine M. bereits für ihre beiden älteren Kinder Christel und Hansjörg jeweils solche Aufzeichnungen. Die Einträge im Tagebuch beginnen mit der Geburt von Michael. In den ersten 6 Lebensmonaten hat Christine M. mehrmals täglich eingeschrieben: Der Inhalt umfasst dabei tabellarische Angaben zur Ernährung, Gewichtszunahme und Gesundheit und Entwicklung des Babys, daneben sind Kommentare zu einzelnen Tagesereignissen eingetragen. Bis zum dritten Lebensjahr des Buben schrieb Christine M. mehrere Einträge pro Monat, später noch sporadisch. Zu besonderen Anlässen wie Feiertagen, Geburts- oder Namenstagen sind zusätzlich Glückwunschkarten eingeklebt und Zeichnungen oder Gedichte eingetragen. Die Schreiberin nahm sich in den Aufzeichnungen selbst sehr zurück (Anfangs schrieb sie von sich selbst mit „Mutter“ in der dritten Person), eigene Gefühle wurden nur im Zusammenhang mit Erlebnissen des Sohnes formuliert. Das Tagebuch ist sorgfältig gestaltet, im September 1937 kommentierte Christine M. ihre Einträge mit „die schlechte Schrift der Mutter kam daher, weil sie so schrecklich müde war und ihr um elf Uhr nachts beim Schreiben die Augen zufielen“. Ereignisse, die außerhalb des Familienlebens lagen (wie z.B. der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, aus dessen Anlass Christine M. mit ihren drei Kindern von Wien nach Retz übersiedelte), wurden rückblickend in knappen Sätzen erwähnt und blieben unkommentiert. Am 12. März 1938 ist mit der Überschrift „Anschluß an das Deutsche Reich“ ein „von einem deutschen Flieger heute abgeworfener Flugzettel“ eingeklebt.
2014 wurde ihr in der Sammlung Frauennachlässe vorliegende Nachlass um verschiedene Dokumentationen von Theaterbesuchen sowie auch theaterwissenschaftlichen Vorlesungen von Christine M. erweitert. Ein in Tagebuchform geführtes Buch umfasst auf 102 beschriebenen Seiten Einträge von Jänner 1926 Mai bis 1929 sowie von März 1935 bis Februar 1939. Eingetragen sind darin ihre Besuche von Aufführungen sowie auch Bewertungen und Gedanken dazu. Die Beschreibungen sind häufig durch Zeitungsausschnitte oder andere gedruckte Einlagen. Aus dem Zeitraum von 1947 bis 1951 sind insgesamt 8 Hefte mit Mitschriften der Vortragsreihen des Hochschullehrers Hugo Ellenberger (1903-1977) in der Wiener Urania erhalten. Neben zwei Publikationen des Wiener Burgtheaters aus 1941 und der Nachkriegszeit liegen weiters eine umfangreiche Sammlung von Zeitungsberichten und Programmheften aus mehreren Jahrzehnten vor.
Autobiografische Texte von Christine M. sind Teil der Bestände der Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen. |